Bericht über das Gespräch im Jobcenter ...

 

 

Das Gespräch verlief zwar feurig, auf seelischer Ebene aber freundlich und total entspannt. Meine Gesprächspartnerin war bestens vorbereitet, humorvoll - und sich ihrer Rolle in der Diskussion, in der sie die Stellung des Jobcenters zu vertreten hatte, immer bestens bewusst. Es war von vorneherein klar, dass es sich um ein Treffen zweier Welten (der des SGB II und der des Grundgesetzes) handelt, die kaum mehr in Berührung stehen; dass daher auch, was zum Verhandeln anstand, kaum in Einklang zu bringen war.

 

Nach kurzem Blick auf meine "ehrenamtliche" Vortragstätigkeit fragte sie nach meinen Bewer-bungsbemühungen und erhielt von mir ein entsprechendes Schreiben überreicht.

 

Die Provokation ertrug sie gelassen und fragte nach der Gegenwart und Zukunft.

Ich eröffnete ihr, dass es meine gegenwärtige Hauptaufgabe sei, das leidige Harz IV-System (oder besser: seine grundgesetzwidrigen Auswüchse) abzuschaffen und die Sozialgesetzgebung wieder auf den Boden des Grundgesetzes zu stellen, was eine Arbeit von erheblichem Aufwand und von erheblicher bundespolitischer Bedeutung sei. Dass dafür allerdings kein Einkommen zu erwarten ist, sei klar.

 

Wir einigten uns, dass die Arbeit vollzeit ehrenamtlich, gemeinnützig, hoch selbständig, aber weitgehend ohne Einkommenserzielung sei, wenn es auch unmöglich war, etwas derartiges in den Computer einzutragen.

 

Zur Verdeutlichung meiner Position bekam die Gesprächspartnerin noch einmal meinen Brandbrief, vor allem aber auch die äußerst sprechende Erklärung der UNO zu den Menschenrechten in Deutschland ausgehändigt.

 

Problematischer verlief das Gespräch über die Eingliederungsvereinbarung, da die Vermittlerin angehalten ist, auf jeden Fall eine derartige Vereinbarung abzuschließen - oder sie, wenn eine Einwilligung des "Kunden" nicht zu Stande kommt, per Verwaltungsakt einzusetzen.

Ich habe vehement darauf bestanden, den Verwaltungsakt nicht durchzuführen, weil ich mich nicht entmündigen lassen wolle - und habe statt dessen mein geharnischtes Schreiben "Statt einer Eingliederungsvereinbarung" vorgelesen und dann überreicht.

 

Gefragt, welche Sanktionen jetzt fällig wären, sagte sie, dass dies zu entscheiden nicht ihre Aufgabe sei, da sie jetzt alles "nach oben" weitergäbe - betonte aber, dass es natürlich als Bürger mein Recht sei, derart zu agieren, denn anders könne man Gesetze nicht zum Kippen bringen.

 

Zum Abschluss bekam sie von mir - neben einem Vortrag über die grundsätzliche Verlogenheit des Hartz IV-Systems und aller dort angewandten Begriffe, dessen ich mich nicht enthalten konnte - noch die Erklärung vorgelesen und ausgehändigt, in der die Mitarbeiter von Jobcentern in Frankreich sich mit den Arbeitslosen solidarisieren - und wir verabschiedeten uns - wenigstens von meiner Seite aus - mit tiefer Sympathie.

 

Das nächste Mal solle ich Ihr eine Rose mitbringen, wurde mir von einem Freund empfohlen.
Ein anderer schlug das Grundgesetz vor. Ich denke, beides passt sehr gut. :-)

Sehr interessant war eine Frage meines Begleiters an meine Gesprächspartnerin, ob sie, bestens ausgebildet, neben einer Schulung in SGB II und SGB X auch eine Schulung im Grundgesetz erhalten habe - was sie verneinte!

Die Mühlen des Gesetzes mahlen oft langsam - mal sehen, was jetzt wird.

 

Berlin, den 11.08.2011
Ralph Boes