Teil
A:
Frage zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsbegriffes in SGB II
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Werden der ARBEITSBEGRIFF, den das Jobcenter vorlegt, und die Definition des "Interesses
der Allgemeinheit", an dem das Jobcenter den Wert der
Arbeit bemisst, dem Wesen der Arbeit, ihrem wahren Nutzen für die Gesellschaft und der Achtung und dem Schutz der Menschenwürde gerecht?
Der
Arbeitsbegriff muss der
Wirklichkeit entnommen sein und muss
in die Wirklichkeit passen.
Ein nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmender Arbeitsbegriff erzeugt
Unrecht, wenn er in
Gesetz gegossen wird.
[1]
Der
Arbeitsbegriff in Hartz IV verbindet unmittelbar Arbeit und Einkommen
und gesteht nur derjenigen Arbeit gesellschaftliche Relevanz zu, die
auch "entlohnt" werden kann.
[2]
Der Inhalt der Arbeit wird dabei ausgeblendet.
Es liegen dem
zwei fundamentale Fehler zu Grunde. Der eine ist sachlicher, der
andere verfassungsrechtlicher Natur.
A: Der sachliche
Fehler:
1.) Arbeit ist
mehr als
Geldverdienen!
Durch seine
Arbeit bestimmt der Mensch sein Verhältnis zur Welt und betreibt die
Entfaltung seiner Fähigkeiten und seines Wesens.
Als Arbeit im
vollmenschlichen Sinne
ist jede Tätigkeit zu betrachten, die ihn und die Welt bildet und
weiter bringt – unabhängig davon, ob sie sich innerlich
[3]
oder äußerlich vollzieht und unabhängig davon, ob sie einen Gelderwerb
ermöglicht oder nicht
[4].
Da die Arbeit
ein Haupt-Gebiet der
Persönlichkeitsentfaltung ist, muss das Recht auf Selbstbestimmung
besonders auf dem Gebiet der
Arbeit gelten.
2.) Arbeit, die
um bloßen Verdienst
geleistet wird und den Inhalt
der Arbeit ausblendet, ist durch
Selbstsucht geprägt
und widerspricht den
wirklichen "gesellschaftlichen Interessen" oder den "Interessen der
Allgemeinheit", welche zu vertreten von der Seite der Jobcenter immer
vorgegeben wird.
In einer
arbeitsteiligen Gesellschaft steht nicht mehr die "Selbstversorgung",
sondern der Dienst am Anderen / an der Gesellschaft / an der Welt im
Vordergrund der Arbeit.
"Gesellschaftliche Relevanz", "Sinn" und "Wert" einer Arbeit zeigen
sich in einer arbeitsteiligen Gesellschaft nicht daran, ob und wie
viel man damit Geld verdient (Selbstversorgung), sondern daran, ob
unter ihrem Einfluss sich die Welt verbessert und erblüht
(Fremdversorgung).
Außerdem ist
eine einseitig an den Verdienst gekoppelte Arbeit durch die Bedrohung
mit dem Entzug von Einkommen oder des Einkommensplatzes bei fehlendem
"Wohlverhalten" korrumpierbar.
3.) Arbeit, die
unter Androhung von Sanktionen
aufgezwungen
ist, ertötet den inneren Menschen und beraubt die Gesellschaft der
Kraft und Initiative des Individuums.
Sie ist
menschenverachtend und
widerspricht den
wirklichen Interessen der Gesellschaft.
B: Das
verfassungsrechtliche Problem:
Bei der großen
Bedeutung die die Arbeit für die Entfaltung der Persönlichkeit hat,
muss Arbeit vollständig
im Bereich der Selbstbestimmung liegen!
Sie darf nur
denjenigen Einschränkungen unterliegen, die in der Natur der Sache und
in der Natur der verschiedenen Kompetenzen und der Zusammenarbeit der
Menschen untereinander haben.
Die
Menschenwürde und das Recht auf Selbstbestimmung bzw. die freie
Entfaltung der Persönlichkeit sind in
erheblichem Masse
eingeschränkt, wenn der Mensch zur Arbeit gezwungen wird, in einem
Gebiete arbeiten muss, das ihn nichts angeht, oder nicht in einer
seinem Wesen oder seiner Einsicht
(Weltsicht) angemessenen Weise arbeiten darf.
Durch die
scharfen Sanktionen und Zumutbarkeitsregeln in SGB II wird der Mensch
jeder Möglichkeit zur Selbstbestimmung und zu von ihm selbst als
sinnvoll empfundener Arbeit beraubt. Seine Würde wird nicht geachtet
und geschützt, sondern er wird dem Arbeitsmarkt
unterworfen, damit
seine Arbeitskraft zum Wohl von Staat und Wirtschaft
abgeschöpft werden
kann. Außerdem werden durch die
Zumutbarkeitsregeln
seine Arbeitsbiographie entwertet und seine Qualifikationen dauerhaft
gelöscht.
Das Argument,
die Betroffenen könnten ja wo anders arbeiten gehen und würden nicht
in den Niedriglohnsektor, in sinnfreie Beschäftigungsmaßnahmen usf.
gezwungen, gilt hier
nicht, weil gerade
durch Hartz IV oft die
"normalen Stellen" fehlen, der normale Arbeitsmarkt bewusst ausgedünnt
und durch Niedriglohnarbeit ersetzt worden ist. Die Stellen, auf die
so verwiesen wird, sind in der Realität nicht mehr da.
Der Unterwerfung ist so nicht auszuweichen.
Der Staat
fördert durch Hartz IV
den Niedriglohnsektor und die "Flexibilisierung" des Arbeitsmarktes –
und die Sanktionen sind das
entscheidende Mittel, die Menschen zur Aufnahme von
Arbeiten zu bewegen, ja zu nötigen, die ihren eigentlichen
Bedürfnissen widersprechen. Würden die angebotenen Arbeitsverhältnisse
den Bedürfnissen der Menschen
entsprechen, könnten die Sanktionen
entfallen.
Der dem SGB II
unterlegte Arbeitsbegriff und der Begriff vom "Interesse der
Allgemeinheit", dem sich das "persönliche Interesse" der Betroffenen
zu fügen habe, haben weniger den Menschen, sein Wohl und seine Würde
als vor allem die Interessen der vorherrschenden Staats- und
Wirtschaftsorganisation und das Interesse des Staatshaushaltes selbst
(Generierung von Steuern) im Blick.
Menschen, die
die wirklichen
Erfordernisse der Welt erleben und ihnen entsprechen möchten, deren
Arbeit sich nicht
aufs Geldverdienen sondern direkt auf den Inhalt der Arbeit selbst
bezieht, werden durch den Arbeitsbegriff des Jobcenters und durch die
an diesen Arbeitsbegriff geknüpften sog. "Förderungen" und Sanktionen
diskriminiert.
Hohes Gericht –
der Weg zur
Befreiung der menschlichen
Sexualität von gesellschaftlicher und politischer
Bevormundung ist schon weit gegangen. Man denke nur an die mutigen
Urteile aus Karlruhe für den Bereich der Homosexualität aus letzter
Zeit.
Jetzt steht, im
Namen der Menschenwürde und der freien Entfaltung der Persönlichkeit,
auch eine Befreiung der menschlichen
Arbeit von solcher
Bevormundung an.
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